
Ein schon viele Jahre alter Aufkleber der inzwischen eingestellten Schwarzen-Ruhr-Uni Bochum.
Jedes Kind und jeder Jugendliche in Deutschland soll ein eineindeutiges Personenkennzeichen erhalten. Zwangsweise. Spätestens ab Eintritt in die Schule, vielleicht aber auch schon ab Kindergarten oder Krippe.
Das Kennzeichen wird als „Schüler-ID“oder auch – neusprechartig harmloser klingend – „Bildungs-ID“ bezeichnet.
Die Idee bzw. der Wunsch zu dieser Erfassung und Rasterung von Menschen und deren scheinbaren Bildungsverlauf ist nicht neu, sondern schon rund 25 Jahre alt. Doch derzeit basteln viele Bundesländer an sehr konkreten Umsetzung oder erweitern bereits eingeführte Ländervarianten von Schüler*innen-Kennzeichen. Die neue Bundesregierung hat die Idee gar zu einem Bundesprojekt befördert und hebt mit der CDU-Politikerin Karin Prien nun eine der herausragenden Fürsprecherinnen umfassender Erhebungen und -nutzungen personenbezogener Schüler*innen-Daten in das Amt der neuen Bundesbildungsministerin.
Dieser Beitrag soll Geschichte und Idee der Personenkennziffer für junge Menschen beleuchten. Auch kritisch im Lichte des Volkszählungsurteils.
So wollen wir im folgenden auch nicht den Terminus der „Schüler-ID“ übernehmen sondern sprechen im folgenden stattdessen von dem, was die „Schüler-ID“ ist, nämlich ein „Kinder-Kennzeichen“ (KKZ). Diesen – zunächst sicherlich übertrieben wirkenden – Begriff zu wählen wäre nicht gerechtfertigt gewesen, wenn es bei Anfangs-Idee der Schüler*innen-ID im Sinne der Nutzung personenbezogener Daten lediglich in pseudonymisierter Weise und unter Beachtung des Rückführ- bzw. Rückwirkungsverbots für die Ermittlung ausschließlich statistischer Daten geblieben wäre. Das ist es aber nicht, wie wir hier belegen werden.
Wir gliedern diesen Beitrag wie folgt:
1. Geschichte des KKZ
2. Neuer Anlauf für ein KKZ
3. Das KKZ in der neuen schwarz-roten Bundesregierung
4. Blick nach Niedersachsen
5. Pro und Contra eines KKZ
6. Vereinbarkeit des KKZ mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
7. Ausblick und Fazit
Los gehts:
1. Geschichte des KKZ
Zunächst ging es bei der Einführung der Schüler*innen-ID auf Landesebene nur um die Erfüllung von nationalen und internationalen Anforderungen zur Erstellung von Schul- und Bildungsstatistiken. Die Kultusministerkonferenz (KMK) beschloss im Jahr 2000, die dafür notwendigen Daten bundesländerübergreifend zu vereinheitlichen. Dieser „statistische Minimalkatalog“ wurde aber damals bereits um weitere Datenabfragen erweitert. Die damals neu eingeführten die Schüler*innen betreffenden Datensätze beziehen sich dabei u.a. auf deren Migrationshintergrund, es geht um die Erfassung von „Familiensprache“ und „Jahr des Zuzugs“ der Kinder.
Im Mai 2003 entwickelte und verabschiedete die KMK dann den „gemeinsamen Kerndatensatz (KDS)“. Und damit verbunden die „Umstellung auf Individualdaten“, also einer Informationsspeicherung und -verarbeitung auf Basis der Daten der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Gleichzeitig begann man in der KMK mit der Erarbeitung von „Datengewinnungsstrategien“.
In 2006 „gewann“ die KMK für ihre Anstrengungen einen Big-Brother-Awards (BBA).
Davon unbeeindruckt stellte die KMK in ihrem im gleich Jahr erschienen Bericht „Bildung in Deutschland“ weitere „Datenlücken“ fest und die inzwischen erarbeitete „Datengewinnungsstrategie“ wurden der KMK im Juni 2006 erstmals vorgelegt.
In einem Zwischenbericht der KMK aus 2007 verneint diese die Frage, ob es einen „gläsernen Schüler“ geben wird ausdrücklich.
Zitat:
„Die Bildungsstatistik befasst sich nicht mit Einzelfällen, sondern interessiert sich für das System als Ganzes. Rückschlüsse auf einzelne Personen sind in der Statistik verboten.“
Auch hinsichtlich der Einführung einer Schüler-ID gibt man in 2007 noch Entwarnung:
„Die sogenannte Schüler-ID, die in der beschlossenen Kerndatensatz-Version vorgesehen ist, ist eine anonyme Zählnummer, die es ermöglicht, die Datensätze voneinander zu unterscheiden. Eine solche Datensatz-Nummer wird bei der Einwegverschlüsselung der Daten automatisch erzeugt und ist technisch notwendig, um die Datensätze voneinander unterscheiden zu können. Die Nummer wird nur intern (hinter der Benutzeroberfläche) zur Verwaltung des jeweiligen Datensatzes genutzt, erlaubt aber keinen Rückschluss auf den Ursprungsdatensatz.“
Damit meinte die KMK, den Vorgaben des Volkszählungsurteils zu entsprechen.
Eine der dort im Zusammenhang mit der Volkszählung (Neusprech: „Zensus“) vom BVerfG erhobenen Bedingungen für eine Verfassungsgemäßheit war und ist das Rückführungs- bzw. Rückwirkungsverbot. Damit ist gemeint, dass die personenbezogenen Daten, die für die Erzeugung der statistischen Werte angelegt werden nur so verwendet werden dürfen, dass mit Hilfe der Statistikdaten keinerlei Erkenntnisse mehr über einzelne Schüler und Schülerinnen mehr gewonnen werden können. Und dass niemand anderes als die Statistiker einen Zugang auf die Quelldaten, die personenbezogenen Daten erhalten wird bzw. diese Daten wieder gelöscht werden, wenn sie für statistische Zwecke nicht mehr verwendet werden.
Ob eine Re-Identifizierung mittels der damals auf ein einzelnes Kind bezogenen Daten im KDS tatsächlich nicht möglich war und ist soll an dieser Stelle nicht weiter betrachtet und bewertet werden – wäre aber einen eigenen Beitrag wert.
Im Jahr 2020 feierte sich der BBA mit folgender Schlagzeile:
„Einführung einer Schüler-ID erfolgreich abgewehrt“
Zwar hatten tatsächlich einige Bundesländer ihre Pläne zur KKZ verändert (zum Beispiel aus Schleswig-Holstein – siehe weiter unten) aber das war dennoch zu früh gefreut.
Schon zwei Monate vor diesem BBA-Selbstlob (Oktober 2020) taucht in einer Veröffentlichung der KMK ein weiterer Stichpunkt und späteres Argument für weitere Datenerhebungen auf: Nun geht es auch um „Qualitätssicherung und -entwicklung“ der Schulen.
2. Neuer Anlauf für ein KKZ
Dass auch die Hoffnung, dass das Vorhaben einer Schüler*innen-ID/KKZ nicht weiter fortentwickelt werden würde oder gar gestorben war, dass also diese Hoffnung unberechtigt war kann beispielhaft am Koalitionsvertrag der in 2022 ins Amt getretenen rot-grünen Landesregierung in Niedersachsen beleuchtet werden. Selbst unter einer liberalen grünen Landes-Kultusministerin heißt es dort im Koalitionsvertrag so knapp wie eindeutig:
„Im Zuge der Digitalstrategie der Landesverwaltung wird es auch Schüler-IDs geben, die auch zur Vereinfachung der Abrechnung von BuT nutzbar sein sollen.“
Der Sachverhalt in Niedersachsen soll weiter unten im Einzelnen beleuchtet werden, aber hier wird schon deutlich, dass die KKZ über den Statistikzweck zur Nutzung der individuellen Daten hinter dieser Kennziffer hinaus Verwendung finden soll, nämlich zur Verwaltungsarbeit bei der Abrechnung von Kinderzuschüssen für Bürgergeld-Bezieher*innen. Die Einhaltung des Rückwirkungsverbots aus dem Volkszählungsurteil (s.o.) ist damit passé!
Das ganze Thema ploppt in Niedersachsen im Frühjahr 2024 medial kurz auf und damit werden weitere Argumente für die Ausweitung der Nutzung von Schulkinder-Daten ins Feld geführt:
„(…) Diese Maßnahme soll dazu dienen, den Bildungsweg der einzelnen Schüler:innen zu dokumentieren und gleichzeitig Schulabbrüche zu reduzieren. (…) Im Kern geht es bei der Schüler-ID darum, den Bildungsverlauf einer jeden Schülerin und eines jeden Schülers darzustellen (…) [und um] sicherzustellen, dass kein Kind im Bildungssystem verloren geht. (…)“
Doch dieser kurze Vorab-Blick nach Niedersachsen ist nur ein Vorspiel auf viel weiter gehende Bestrebungen auf Bundesebene:
Ende März 2025 – einen Monat nach der Bundestagswahl – veröffentlichen eine Reihe von Bildungs-Parteipolitikern aus den Reihen der CDU, SPD und Grünen unter dem Schirm einer von einem Privatier, einem Mäzen errichteten Stiftung das „Konzept Bessere Bildung 2035“. Hervorgegangen war dies aus einem 2tägigen von der Stiftung organisierten Treffen Anfang Oktober 2024.
Spätestens mit diesem Konzept wird nicht nur damit gebrochen, die Schüler*innen-Daten ausschließlich zu Statistik-Zwecken einzusetzen: Es geht nämlich in einer Hauptthese davon aus, dass es „klare und messbare Ziele“ bräuchte, um das Schulsystem zu verbessern. Und Messbarkeit verlangt dann eben nach mehr Daten. Allerdings nicht nur statistische Daten, die dann nicht feingranular auf die Daten einzelner Kinder zugreifen müsste bzw. keine Rückwirkung auf diese entfalten würden. Es geht um mehr:
Man will eine „datengestützte System-, Schul- und Unterrichtsentwicklung“, in dessen Rahmen jede*r einzelne Schüler*in in einem „Bildungsverlaufsregister“ abgebildet wird. Zusätzliche Lernstandserhebungen bei den Kindern sollen „eine gezieltere Förderung und Unterstützung ermöglichen“. Das soll unter anderem möglich werden durch
„adaptive, intelligente tutorielle Lernprogramme“.
Und die Kinder sollen
„mit den weiteren Hilfs- und Unterstützungsangeboten etwas der Kinder- und Jugendhilfe noch gezielter begleitet„
werden.
Die drei Verfasserinnen des Konzepts scheinen sich im groben der verfassungsrechtlichen Bedenken bewusst zu sein, die damit einher gehen. Sie sprechen von „Datenschutzfragen“, die die Länder darin noch hindern würden, „individuelle Lernverläufe zu begleiten“.
Aber, so behaupten sie weiter:
„Es gibt immer mehr Akteure im Schulsystem, die der Nutzung von Daten nicht nur offen gegenüberstehen, sondern diese geradezu wünschen, um endlich besser auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder und Jugendlichen eingehen zu können.“
Und dann folgt ein Satz, der von basaler Unkenntnis dessen zeugt, was die Verfasserinnen veranlassen wollen:
„Ideal wäre eine Bildungs-ID für jedes Kind, die anonymisiert den Bildungsverlauf dokumentiert.“
Wenn überhaupt, so kann in diesem Kontext von einer „pseudonymisierter“ Dokumentation gesprochen werden. Doch selbst das kann nicht das sein, was die Konzeptverfasserinnen wollen, denn es heißt nachfolgend:
„Daneben könnten Förderbedarfe oder bereits in Anspruch genommene Hilfs- und Unterstützungsangebote vor allem für den Übergang dokumentiert werden, um die Kinder im multiprofessionellen Team an der Schule, aber auch mit den weiteren Hilfs- und Unterstützungsangeboten etwa der Kinder- und Jugendhilfe noch gezielter begleiten zu können. Damit könnten auch im vorschulischen Bereich Sprach- und Entwicklungstests dokumentiert werden, auf die nicht nur die Verantwortlichen aus dem Elementarbereich, sondern auch aus den Grundschulen Zugriff hätten, um von Anfang an die richtigen Unterstützungsangebote zu organisieren.“
Es soll um individuelle und „gezielte Begleitung“ gehen – idealerweise schon ab Kindergartenalter. Das geht aber ja nur, wenn man mit dem Datensatz der einzelnen Kinder handelt bzw. umgeht. Anonymisierten Datenspeicherungen würden das verunmöglichen. Und bei der Verwendung mittels eines Personenkennzeichens („Bildungs-ID“) – dann also „pseudonymisiert“ – treten massive verfassungsrechtliche Probleme auf – siehe Volkszählungsurteil.
Von alledem unabhängig gäbe es eine Menge zum „Konzept Bessere Bildung 2035“ zu sagen. Dass es viele gut gemeinte Vorschläge und Visionen für eine bessere Schule gibt. Doch außer der Idee, dass die Schule und die Schüler*innen klare und in Prozentzahlen ausdrückbare Zielvorgaben benötige und mittels Datenverarbeitung die Schulen gesteuert und „evaluiert“ werden sollen präsentieren die Verfasserinnen leider keine konkreten Vorschläge, wie die altbekannten Probleme von Ressourcen-, Zeit- und Lehrer*innenknappheit gelöst werden könnten.
Mehr „Erhebungen“ an den Kindern – das Konzept will u.a. verpflichtende Sprachstandserhebungen ab dem vierten Lebensjahr einführen – bringen mehr Daten, ändern aber nichts an diesen Knappheiten. Auch die Einrichtung „multiprofessioneller Teams“ klingt gut, dürfte aber auch an mangelndem Geld und zu wenig „verfügbaren“ Menschen in den pädagogischen Berufen scheitern.
Wohl deswegen fordert das Konzept:
„Wir brauchen mehr Effektivität in den Systemen. Wir müssen aber auch mit Blick auf die öffentlichen Haushalte auf die Effizienz schauen. Auch das gehört mit zur Wahrheit.“
Wer als Kita von einem von der neuen Bundesregierung neu aufzulegenden „Startchancen-Programm“ profitieren möchte muss sich im Gegenzug zu „Erziehungs- und Bildungszielen verpflichten“.
Das klingt nach „Fördern und Fordern“. Nun auch auf die Finanzierung von Schulen und Kitas bezogen …
Und dann noch eine Nachricht an die Lehrer und Lehrerinnen: Die sollen sich keine Sorgen machen müssen, dass die „Lernstandserhebungen“ negative (oder sonstwelche) Folgen für sie haben:
„Es geht bei den Lernstandserhebungen also nicht um die Kontrolle der Lehrkräfte. Diese Sorge war und ist sicherlich bei vielen vorhanden, weshalb die Einführung solcher Systeme nicht nur durch Fortbildung, sondern insbesondere auch durch die Schulaufsicht begleitet werden muss.“
Stattdessen erfahren die Schulaufsichtsbehörden im Konzept eine Aufwertung und sollen stärker als zuvor in den Schulbetrieb steuernd und korrigierend eingreifen. Auch dort dürfte man sich mangels Personal nicht unbedingt über eine solche Aussicht freuen …
3. Das KKZ in der neuen schwarz-roten Bundesregierung
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es:
„Unter Achtung der jeweiligen Zuständigkeiten wollen wir gemeinsam mit den Ländern für die nächste Dekade relevante und messbare Bildungsziele vereinbaren und eine datengestützte Schulentwicklung und das Bildungsverlaufsregister schaffen. Die Einführung einer zwischen den Ländern kompatiblen, datenschutzkonformen Schüler-ID unterstützen wir und ermöglichen die Verknüpfung mit der Bürger-ID. Die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit von Schule, Jugend- und Eingliederungshilfe stärken wir und verzahnen Bundeskompetenzen entlang der Bildungsbiografie organisatorisch und inhaltlich stärker.“ (Zeile 2318ff.)
Und dort heißt es – an anderer Stelle – übrigens auch:
„Den vollständigen Datenaustausch zwischen Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden werden wir ermöglichen.“ (Zeile 525f.)
Schließlich, ach ja, noch das hier:
„Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und „Digital-Only“: Verwaltungsleistungen sollen unkompliziert digital über eine zentrale Plattform („One-Stop-Shop“) ermöglicht werden, das heißt ohne Behördengang oder Schriftform. Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität.“ (Zeile 1802ff.)
Das bedeutet den Zwang zu einer Schüler*innen-ID in der Form, die eine Datenübertragung ein eine weitere – ebenfalls zwanghaft verordenete – „Bürger-ID“, die Verknüpfung der Daten mit anderen personenbezogenen Daten und den Austausch bzw. die Verbreitung der Daten „zwischen Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden“ beinhaltet. Und das alles auf Bundesebene und über die Ländergrenzen hinweg.
Was die neue Bundesregierung unter „datenschutzkonform“ versteht bleibt abzuwarten. Es wird im Koalitionsvertrag jedoch auch mehr als deutlich, dass CDU, CSU und SPD die Befugnisse des/der Bundesdatenschutzbeauftragten deutlich beschneiden möchte. Und ein „offeneres und positiveres Datennutzungsverständnis“ praktizieren und „Datenschätze heben“ möchte. Das sind alles verbale Nebelkerzen. Manche würden es als Geschwafel oder Neusprech-Verklärerei bewerten, so wie im Vertragstext dann auch von einer „Kultur der Datennutzung und des Datenteilens“ die Rede ist.
Damit ist dann wohl u.a. auch das gemeint, was der Koalitionsvertrag in den Zeilen 2365-2368 als neues Muster für den obrigkeitsstatlichen Umgang des Staates mit den Menschen im Land definiert:
„Für junge Menschen ohne berufliche Perspektive prüfen wir eine Pflicht, sich bei der Berufsberatung zu melden, und schaffen die gesetzlichen Grundlagen zur systematischen und datenschutzkonformen Datennutzung durch die Jugendberufsagenturen.“
Mit Blick auf all diese Planungen und Vorgänge halten wir die verbale Umbenennung von „Schüler-ID“ zu „Kinder-Kennzeichen (KKZ)“ für gerechtfertigt.
Dass diese „bildungspolitischen“ Ansagen ernst zu nehmen sind lässt sich alleine schon an Personalien festmachen: Zwei der drei Landespolitikerinnen, die sich (nach außen) als Verfasserinnen des Konzepts „Bessere Bildung 2035“ präsentieren sind zu frischen Bundesministerinnen aufgestiegen: Karin Prien (CDU) aus Schleswig-Holstein ist die neue Bundes-Bildungs- und Familienministerin und Stefanie Hubig (SPD) aus Rheinland-Pfalz wurde zur Bundesjustizministerin ernannt!
In den Aussagen des Koalitionsvertrags werden auch noch einmal neue Sichtweisen für die Argumentation einer solchen Ausweitung des Einsatzes und der Nutzung von Schüler*innen-Daten gebracht. Die werden wir im übernächsten Kapitel 5 (Pro und Contra) aufgreifen und anführen.
Zuvor noch ein kurzer Blick auf die politische Kommunikation der Umsetzung der „Schüler-ID“ in einem rot-grün geführten Bundesland:
4. Blick nach Niedersachsen
Exemplarisch haben wir in Niedersachsen Mitte April 2025 mit Nachfragen zum Stand der Dinge der Umsetzung der Schüler*innen-ID und zur verfassungsgerechten Ausgestaltung begonnen. Den Austausch haben wir wie üblich transparent in unserem Wiki dokumentiert.
In den Antworten aus dem grün geführten niedersächsischen Kultusministerium finden sich einige bekannte Satzbausteine und Begründungs-Bausteine wieder.
Von der Notwendigkeit der Erzeugung statistischer Daten ist die Rede. Aber auch davon, dass „kein Kind im System verloren gehen soll“. Klingt nett, lässt sich aber auch anders interpretieren.
Man wolle die Kinder „bis zu einem Abschluss begleiten“. Auch das hat einen Klang irgendwo angesiedelt zwischen behördlicher Fürsorglichkeit bis hin zu einem zwanghaften Überwachtwerden.
Sehr deutlich schreiben die niedersächsischen Kultuspolitiker, dass mithilfe der Daten praktische Unterstützung bei der Berufsberatung geleistet werden soll. Hier spätestens stellt sich die Frage, wie das ohne Verletzung des Rückwirkungsverbots möglich sein soll und welche Daten dazu erfasst und verarbeitet werden sollen.
Das Landesministerium fängt von sich aus an, auf etwaige Besorgnisse von „gläsernen Schülern“ eingehen zu müssen und verneint etwaige Risiken strikt. Betont zugleich aber, dass verteilt liegende Schüler*innen Daten mittels der ID „sicher zugeordnet“ werden können sollen.
Man teilt uns in erster Antwort mit:
„Der Landesdatenschutzbeauftragte ist selbstverständlich in den Prozess eingebunden.“
Als wir bei dem dann nachfragen, schreibt der uns aber:
„Wir sind aktuell nicht eingebunden in die Vorbereitung der Schüler-ID durch das Niedersächsische Kultusministerium (…)“
Auf Nachfragen an das Nds. Kultusministerium zur Vereinbarkeit der Planungen mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, zum Zeitplan und weiterem bekommen wir zunächst nur eine lapidare Antwort, dass das alles noch zu klären und alles offen sei.
Erst auf weiteres Nachhaken teilt man uns dann doch noch mit:
- Doch, irgendwann hat man den Landesdatenschutzbeauftragten angesprochen. Dieser habe dann die „Bedeutung einer datenschutzrechtlichen Betrachtung hervorgehoben“. Man wolle später noch einmal auf den LfD zugehen … Eine „Einbindung in den Prozess“ stellen wir uns als Redaktion allerdings anders vor.
- Man will die Schüler*innen-ID noch bis zum Ende der Legislaturperiode (2027) umsetzen.
- Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sei noch nicht konkretisiert genug, um sich damit jetzt schon auseinanderzusetzen.
5. Pro und Contra eines KKZ
Pro-Argumente:
- Erfüllung nationaler und internationaler Anforderung zur Erstellung von Statistiken.
- Erfassung aller Schüler*innen und damit bessere Erfassung bzw. Ermittlung von Kindern/Familien, die sich der Schulpflicht entziehen wollen.
- Sinnvoll bei der Unterstützung von Behördenaufgaben (Bsp. BuT-Leistungs-Abrechnungen)
- Mittelbare Senkung der Zahlen von Schulabbrechern und Schulabgängern ohne Schulabschluss.
- Durch mittelbar eingeleitete „Förderung und Begleitung“ weniger Schüler*innen, die gewisse Mindeststandards nicht erreichen.
- Gleichzeitig bessere Förderung von Schüler*innen mit „Leistungspotential“.
- Fortentwicklung/Verbesserung des Schulsystems mittels der verfügbaren Daten.
- Gezieltere finanzielle Förderung einzelner Brennpunktschulen inklusive Erfolgskontrolle mittels der Datenerhebungen.
- Erhöhung der „Effektivität“ des Schulsystems.
- Steigerung der „Effizienz“ der Schulen.
Contra-Argumente:
- Ein auf (mitunter fragwürdige) Daten verengter Blick auf Kinder.
- Risiko der falschen Interpretation von scheinbar nüchtern und wahr wirkenden Daten und Aussagen über Menschen, Gefahr der „Klassifizierung“ oder „Schubladisierung“ von Menschen und damit mögliche (scheinbar) „datengestützter“ Stigmatisierung für ein ganzes Leben.
- Risiko des Missbrauchs der Daten.
- Risiko des Abhandenkommens der Daten. (Beides dann mit lebenslangen Folgen für die Betroffenen)
- Missachtung des Rückwirkungsverbots bei Würdigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
- Missachtung der besonderne Schutzwürdigkeit von in der Entwicklung der Persönlichkeit befindlichen Menschen (hier: Schüler*innen).
- Risiko der Entwicklung einer Neigung zur Konformität aufgrund des psychischen Drucks, der mitunter durch die Erfassungsmaßnahmen („Erhebungen“) auf Kinder, Eltern und die im Schulsystem Arbeitenden entstehen kann.
- Unterdrückung des „trial an error“-Lern- und Lebensprinzips als wichtiger Teil persönlicher Entwicklung.
- Aberglaube, dass mehr Daten und mehr Technik soziale Probleme und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten beseitigen oder minimieren könnten.
- Mehr personenbezogene Daten“erhebungen“ und -verarbeitungen anstelle des Angehens der Auflösung gesellschaftlicher und sozialer Schieflagen als zum Teil eigentliche Ursachen der hier als Problem bezeichneten Umstände.
- Mangelhafte Kenntnis und Verständnis des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung bei den politischen Akteuren und Treibern des Vorhabens.
Ergänzend dazu aus der Kritik des ULD (Schleswig-holsteinische Datenschutzbehörde) aus dem Jahr 2007, bezogen auf einen damals etwas später zurückgezogenen Gesetzesvorstoß auf Länderebene – nach wie vor in vielen Punkten aktuell und von uns nicht besser formulierbar:
„Zweifelhaft ist bereits die Notwendigkeit einer bundesweiten Verlaufsanalyse und die damit verbundene Sammlung von individuellen Schülerdaten. Weder belegt noch nachvollziehbar ist, warum die erforderlichen Erkenntnisse wie in anderen Bereichen der Wirtschaft und der Verwaltung (Mikrozensus) auch nicht durch aussagekräftige Stichproben gesammelt werden können. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, welche Risiken sich für die einzelnen Schülerinnen und Schüler aus der Generierung einer SchülerID ergeben, der die einzelnen Daten und Informationen über ihren individuellen Bildungsweg zugeordnet sind.
Bei den Schülern handelt es sich weit überwiegend um Minderjährige, deren Persönlichkeit noch in der Entwicklung begriffen ist. Ihr individueller Schulverlauf zeichnet sich naturgemäß durch Höhen und Tiefen aus. Lernen will eben gelernt sein. Aus diesem Grund wird der erreichte Wissens und Bildungsstand eines Schülers lediglich in Form seiner Abschlussnote bestätigt und kommuniziert, aber nicht durch die individuellen Daten seines Schulverlaufes. Wäre es anders, so würde man die Möglichkeit eröffnen, aus dem individuellen Bildungsverlauf eines Schülers oder einer Schülerin seine oder ihre weitere Entwicklung zu prognostizieren. Die Zukunft wäre mit anderen Worten verbaut, weil der individuelle Schulverlauf bspw. „Zacken“ und „Dellen“ aufweist. Es steht außer Frage, dass die Daten über einen individuellen Bildungsverlauf für die Schülerinnen und Schüler ein erhebliches Missbrauchspotenzial bergen: Ob in den Händen zukünftiger oder potenzieller Arbeitgeber oder Versicherungen, die Informationen und Interpretationen aus den individuellen Bildungsverläufen können einschneidende Beschränkungen der Entwicklungschancen der Schülerinnen und Schüler bewirken.
Das Verfassungsrecht lässt seit dem Volkszählungsurteil aus dem Jahr 1983 eine Datensammlung und –auswertung außerhalb des Verwaltungsvollzuges – hier dem Schulbetrieb – grundsätzlich nur zu statistischen Zwecken und unter dem Schutz des Statistikgeheimnisses zu. Das Wesen der Statistik ist, dass Individualdaten nur zu dem Zweck erhoben werden, um in größeren Einheiten zusammengefasst zu werden, so dass der Einzelne nicht mehr reidentifiziert werden kann. Darüber hinaus sichert das Statistikgeheimnis, dass der Weg eines Datensatzes in die Statistik immer eine Einbahnstraße bleibt.
Dies ist bei einer Sammlung von Individualdaten über Bildungsverläufe aber nicht der Fall. Hier geht es nicht um Statistik, sondern um die Analyse von Individualdaten für die Verwaltungszwecke der Bildungsberichterstattung und der Bildungsplanung. Im Schulgesetz SH findet sich kein Hinweis, dass die Individualdaten bspw. dem Statistikgeheimnis unterliegen. Ebenso fehlt ein gesetzliches Verbot, dass die gesammelten Daten nicht zum Nachteil der Betroffenen verwendet werden dürfen. Schon gar nicht geregelt ist, wer auf die Datensätze sowie die SchülerID zugreifen und diese verwenden kann und darf.
Selbst wenn bislang nicht daran gedacht worden ist, die individuellen Schulverläufe Dritten zugänglich zu machen, so ist diese Möglichkeit auch nicht verschlossen. (…) Ausgeschlossen ist auch nicht, dass andere staatliche Behörden wie bspw. der Verfassungsschutz, die Staatsanwaltschaft oder die Polizeibehörden auf die Individualdaten der Schülerinnen und Schüler zugreifen können und dürfen.
(…)
Im Ergebnis ist festzuhalten: Die Pläne und Regelungen zur SchülerID für Zwecke der Analyse von individuellen Bildungsverläufen sind verfassungsrechtlich hochproblematisch, weil sie für die Betroffenen erhebliche Risiken für ihre zukünftige Entwicklung bergen, ohne wirklich erforderlich zu sein. Qualitative Aussagen können von der empirischen Sozialforschung auch auf der Ebene von Stichproben getroffen werden: Die Notwendigkeit einer lebenslangen Totalerhebung von Schülerdaten ist weder notwendig noch verhältnismäßig. (…)“
Nochmals: Diese Stellungnahme ist 18 Jahre alt und bezog sich auf einen Gesetzentwurf in Schleswig-Holstein. Viele darin angebrachte Kritikpunkte und Bedenken sind jedoch nach wie vor zutreffend.
Aber auch aktuell wird berechtigte Kritik geübt. Aus einem MDR-Bericht vom 4.5.2025:
„Welche Daten in der nun von Union und SPD geplanten Schüler-ID landen sollen, steht zwar noch nicht fest, Frank Spaeing von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz äußert dennoch bereits Bedenken: „Es bietet das Potenzial, dass daraus viele Probleme erwachsen können. Da kann, je nachdem, wer sie wie verwendet, eine Datensammlung entstehen, die wir nie wieder eingefangen kriegen.“
Auch die Bildungsgewerkschaft GEW sieht die Einführung kritisch. Einerseits aus Datenschutzgründen, andererseits wird die Prioritätensetzung bemängelt. Es gebe nicht zu wenig Daten, sondern zu wenig Lehrerkräfte, sagt Anja Bensinger-Stolze von der GEW: „In den letzten Jahren seit PISA haben wir eine Menge Daten gesammelt und wir sehen nicht den Erfolg, sondern immer noch die Frage: Wie setzen wir das eigentlich im Unterricht um?“
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, glaubt nicht, dass die Schüler-ID den Lehrkräften oder Schulen helfen wird. Er befürchtet viel mehr, dass auf sie mehr Arbeit zukommen wird: „Das ist der entscheidende Punkt, weil die Daten existieren. Jetzt müsste ich die Daten pro Schüler mit einer ID verknüpfen.“ Düll fragt sich wie das technisch umgesetzt werden kann, ohne hohen Arbeitsaufwand und jede Menge Kosten. (…)
Der Bildungsforscher Dieter Dohmen vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie ist trotzdem zwiegespalten. Die Idee sei für die Bildungsforschung interessant, aber erst in weiter Zukunft: „Selbst wenn wir eine Schüler-ID hätten, braucht es etliche Jahre bevor wir sie auswerten können.“ Er schätzt, dass es erst 2035 bis 2040 so weit sein könnte. „Für die Bildungsreformen, die im Moment anstehen, meines Erachtens viel zu spät und auch wenig hilfreich.““
6. Vereinbarkeit des KKZ mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
Dazu hat bereits der vorherige Ausschnitt einer Stellungnahme des Datenschutzzentrums aus 2007 klar Stellung bezogen. Zur Verdeutlichung hier aber noch einmal ein paar Auszüge aus dem Volkszählungsurteil von 1983, die in diesem Kontext von besonderer Bedeutung sind und nicht nur dem KKZ sondern auch dem verniedlichend als „Bürger-ID“ oder „Deutschland-ID“ angekündigten Zwangs-Personenkennzeichen im Weg stehen dürfte:
„[Das Persönlichkeitsrecht] umfaßt (…) auch die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.
Diese Befugnis bedarf unter den heutigen und künftigen Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem Maße des Schutzes. Sie ist vor allem deshalb gefährdet, weil bei Entscheidungsprozessen nicht mehr wie früher auf manuell zusammengetragene Karteien und Akten zurückgegriffen werden muß, vielmehr heute mit Hilfe der automatischen Datenverarbeitung Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person technisch gesehen unbegrenzt speicherbar und jederzeit ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar sind. Sie können darüber hinaus – vor allem beim Aufbau integrierter Informationssysteme – mit anderen Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden, ohne daß der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. Damit haben sich in einer bisher unbekannten Weise die Möglichkeiten einer Einsichtnahme und Einflußnahme erweitert, welche auf das Verhalten des Einzelnen schon durch den psychischen Druck öffentlicher Anteilnahme einzuwirken vermögen.
Individuelle Selbstbestimmung setzt aber – auch unter den Bedingungen moderner Informationsverarbeitungstechnologien – voraus, daß dem Einzelnen Entscheidungsfreiheit über vorzunehmende oder zu unterlassende Handlungen einschließlich der Möglichkeit gegeben ist, sich auch entsprechend dieser Entscheidung tatsächlich zu verhalten. Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. (…) Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.
Hieraus folgt: Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfaßt. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
Das Erhebungsprogramm [Ausgangspunkt des Urteils war die Volkszählung 1981, Anmerkung der Redaktion] vermag zwar einzelne Lebensbereiche, zum Beispiel den Wohnbereich des Bürgers, jedoch nicht dessen Persönlichkeit abzubilden. Etwas anderes würde nur gelten, soweit eine unbeschränkte Verknüpfung der erhobenen Daten mit den bei den Verwaltungsbehörden vorhandenen, zum Teil sehr sensitiven Datenbeständen oder gar die Erschließung eines derartigen Datenverbundes durch ein einheitliches Personenkennzeichen oder sonstiges Ordnungsmerkmal möglich wäre; denn eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist auch in der Anonymität statistischer Erhebungen unzulässig.„
7. Ausblick und Fazit
So die neue Bundesregierung die KKZ so einführt, wie im Koalitionsvertrag beschrieben – und das ist aus heutiger Sicht möglich und erwartbar – wird diese wohl vor Gericht landen und verhandelt werden.
Ob sich das Bundesverfassungsgericht dann (irgendwann in ferner Zukunft) mit heutiger Ausrichtung dem Volkszählungsurteil aus dem Dezember 1983 anschließen wird ist alles andere als sicher. Denkbar ist, dass in einer Abwägung von Grundrechtseinschnitten dem „Kindeswohl“ Zugeständnisse gemacht werden oder gar das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung weiter demontiert wird.